Positionspapier der mittelständischen Immobilienwirtschaft

Veröffentlicht am 2. Mai 2019

Haus der Bremischen Bürgerschaft am Bremer Marktplatz. (Foto: B. Holze)

Am 26. Mai 2019 findet in Bremen paralell zur Europawahl auch die Wahl zur 20. Bremischen Bürgerschaft sowie die Wahl der Ortsbeiräte statt. Stetig wachsender Bedarf an Wohnraum und verlässliche Rahmenbedingungen - das sind nur zwei Aspekte, wo aus Sicht der mittelständischen Wohnungswirtschaft Handlungsbedarf besteht. Anläßlich der Wahlen zur Bremischen Bürgerschaft, hat der BFW-Niedersachsen/ Bremen ein Positionspapier verfasst, das die Forderungen der Branche zusammenfasst. Welche das im Einzelnen sind, entnehmen Sie den Punkten 1 bis 11.

Stetig wachsender Bedarf an Wohnraum

Derzeit wird mehr Wohnraum nachgefragt als gebaut, im Bestand besteht so gut wie kein Leerstand. Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum ist nicht mehr nur eine Frage der Geringverdiener, sondern betrifft inzwischen auch den Mittelstand. Auch wenn in Bremen und Bremerhaven die Bautätigkeit beschleunigt werden konnte, bedeutet das noch lange nicht, dass sich der Markt entspannt.

In der Region verwurzelt

Die rund 75 Mitgliedsunternehmen des BFWNiedersachsen/ Bremen verantworten, bezogen auf Bremen und den Metropolregionen Niedersachsens, rund 60 Prozent des Geschosswohnungsbaus. Daneben errichten die überwiegend mittelständischen Familienunternehmen eine beachtliche Anzahl von Ein-, Zweifamilien- sowie Reihenhäusern und schaffen somit Wohnraum für Menschen jeder Einkommensgruppe.

Regionale Verantwortung

Neben der Aufgabe, Wohnraum in allen Facetten für unterschiedliche Zielgruppen bereitzustellen, sichern die BFW-Mitgliedsunternehmen zahlreiche Arbeitsplätze. Durch regionalen Einkauf der Baumaterialien und der Beauftragung von Handwerkerleistungen, tragen die Unternehmen wesentlich zur Beschäftigung und zum Wirtschaftswachstum in den Regionen und dem Land Bremen bei.

Verlässliche Rahmenbedingungen

Die Wohnungswirtschaft braucht verlässliche Rahmenbedingungen für Investoren, Eigentümer und Vermieter. Das ist auch im Sinne des sozialen Friedens. Gerade in Bremen aber ist die Bürgerinitiative, die das Recht auf Wohnen offensiv in die Öffentlichkeit trägt, sehr stark. Nur ein vernünftiges Zusammenspiel zwischen allen Beteiligten kann dazu beitragen, dass der soziale Friede gewahrt bleibt.

1. Finanzierung auf eine breite Basis stellen

Die Finanzierung ist eine der tragenden Säulen bei der Schaffung von Wohnraum, insbesondere bei Sanierungen, der Nachverdichtung und im Neubau. Aufgrund der hohen Baukosten, wird die Erstellung von bezahlbarem Wohnraum immer schwieriger. Daher ist es unverzichtbar, dass das Land Bremen wirtschaftlich interessante Förderprogramme auflegt, weg von verbilligten Darlehen, hin zu nicht rückzahlbaren Zuschüssen.

2. Bauland zur Verfügung stellen

Die Baulandreserven in Bremen sind beinahe ausgeschöpft, es gibt kaum noch Flächen, die in kurzer Zeit bebaut werden können. Der BFW-Niedersachsen/Bremen fordert daher die zukünftige Landesregierung auf, auch vermeintliche Tabu-Flächen in Betracht zu ziehen und diese für den Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. Dies gilt insbesondere für die Flächen, die bereits gut in die vorhandene Infrastruktur, wie ÖPNV, Nahversorgung etc., eingebunden sind und nur noch die Grundstücke selbst erschlossen werden müssen.

3. Erbbaurecht ist keine Option

Der Ruf, öffentliche Grundstücke nur mehr im Erbbaurechtsverfahren für die Bebauung freizugeben, wird in vielen Städten immer lauter. Für die private mittelständische Wohnungswirtschaft ist die Vergabe von Grundstücken mit Erbpacht jedoch problematisch. Denn Banken und Finanzierer agieren bei Bauvorhaben, die auf Grundstücken mit Erbbaurecht geplant werden, zögerlich. Finanzierungen werden dadurch schwieriger und häufig nur zu erheblich teureren Konditionen angeboten. Grundsätzlich verringert Erbbaurecht zwar die Baukosten, da das Grundstück nicht finanziert werden muss, es erhöht aber durch Zins- und Pachtzahlungen die laufenden monatlichen Betriebskosten und somit die Mietnebenkosten. Gerade im sozialen Wohnungsbau ist das fatal, da diese Kosten nicht durch die Ämter übernommen werden. Ein weiteres Problem sind die oftmals unkalkulierbaren Pachtkostensteigerungen, die zwar durch Verträge einigermaßen geregelt werden können, aber nie vollständig kontrollier- und kalkulierbar sind.

4. Grunderwerbsteuer senken

Ein weiterer Baukostentreiber sind die mittlerweile stark gestiegenen Erwerbsnebenkosten, die nicht zuletzt auch auf die Anhebung der Grunderwerbsteuer zurückzuführen sind. In den letzten 10 Jahren haben alle Bundesländer, auch Bremen, die Einnahmen über die Grunderwerbsteuern fast verdreifacht. Das ist sowohl für Investoren als auch private Bauherren ein großes Problem. Zusammen mit den Gebühren für Grundbuch, Notar und anderen Nebenkosten erhöhen sich zurzeit in Bremen die Grundstückskosten um ca. 17 Prozent. Der BFW-Niedersachsen/ Bremen fordert daher die Senkung der Grunderwerbsteuer von aktuell 5,5 Prozent auf 3,5 Prozent.

5. Baugenehmigungsverfahren entschlacken und digitalisieren

Bedingt durch die Zunahme an Bauvorschriften und Bauvorlagen, die bei Antragsstellung beachtet oder mit dem Bauantrag eingereicht werden müssen, hat sich die Dauer der Genehmigungsverfahren erheblich verlängert. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe: Die Bauvorlagenverordnung verlangt sehr umfangreiche Unterlagen schon bei Bauantragsstellung. Dazu zählen insbesondere Baumkataster, die nicht nur das zu bebauende Grundstück, sondern auch die Zufahrten und Nachbargrundstücke erfassen sollen. Diese Anforderungen sind auch ein Problem, denn der Zugriff auf Bäume auf dem Nachbargrundstück ist nur mit Genehmigung des jeweiligen Grundeigentümers möglich. Versagt dieser die Genehmigung, ist die Erstellung des Baumkatasters nach den Vorgaben nicht möglich. Des Weiteren werden von Fachingenieuren erstellte Brandschutzkonzepte im Auftrag von Bauämtern von anderen Brandschutzingenieuren überprüft. Die Kosten gehen zu Lasten des Antragstellers. Das gilt auch für Schallschutz, Lüftung und andere Gewerke. Ziel muss es sein, die Mitarbeiter der Bauämter dahingehend zu befähigen, diese Konzepte und Gutachten eigenständig unter Beachtung des gesamten Spielraumes, den die Bauordnung zulässt, zu prüfen und zu genehmigen. Aus Sicht des BFW-Niedersachsen/Bremen gehen die Kontrollen gerade im einfachen Wohnungsbau zu weit und sollten vereinfacht werden. Eine Digitalisierung des Bauantragsverfahrens würde zudem die Verfahren erheblich beschleunigen. Daher müssen schnell die Voraussetzungen für ein digitalisiertes Bauantragsverfahren geschaffen werden.

6. Soziale Infrastruktur vorantreiben

Die Stadt lebt von attraktiven, lebenswerten Quartieren. Bei der Erschließung von neuen Baugebieten sollte daher darauf geachtet werden, dass ein lebendiges Quartier mit einer guten Anbindung an ÖPNV, Nahversorgung und Schulen gegeben ist. Die Stadt ist in der Verantwortung, in den Quartieren für eine gute soziale Infrastruktur zu sorgen und beispielsweise Kindertagesstätten vorzuhalten. Der Trend, bei der Erschließung von Baugebieten die Bauträger zur Erstellung von Kindertagesstätten zu verpflichten, ist ein Weg in die falsche Richtung und verteuert den Wohnungsbau um bis zu 150 Euro je Quadratmeter Wohnfläche.

7. Alternative Energielösungen fördern

Wohnungsbau und Wohnen sollte nach Willen der Bundesregierung nahezu CO2-neutral sein. Zur Erreichung dieser Ziele spielen technische Anlagen, wie z.B. Wärmepumpen, Blockheizkraftwerke, solare Warmwasser- und Stromerzeugung neben der Dämmung eine wichtige Rolle. Aufgrund der rasanten technischen Entwicklungen in diesen Bereichen fordert der BFW-Niedersachsen/ Bremen alternative Lösungen zuzulassen, die dem Stand der Technik entsprechen, und durch eine technikoffene Diskussion zu fördern. Ausschlaggebend sollten Freiwilligkeit, Wirtschaftlichkeit und soziale Verträglichkeit sein. In der Praxis zeigt sich, dass umfangreiche technische Anlagen zwar den Energieverbrauch und somit auch den CO2-Ausstoß verringern, jedoch wartungsintensiv und kurzlebig sind. Es ist nicht davon auszugehen, dass diese technischen Anlagen eine Lebensdauer von 30 Jahren aufweisen. Höhere Wartungs-, Sanierungs- und Reparaturkosten werden wiederum auf die Betriebskosten umgelegt und machen somit das Wohnen teurer. Darüber hinaus sind angesichts der hohen Planungs-, Erstellungs- und Betriebskosten der Anlagen adäquate Förderinstrumente erforderlich.

8. Erwerb von Wohneigentum weiter vorantreiben

Eine wesentliche Säule der Altersvorsorge ist die selbstgenutzte Wohnimmobilie, sei es das freistehende Einfamilienhaus, das Reihenhaus oder aber die Eigentumswohnung im Mehrfamilienhaus. Trotz niedriger Zinsen haben viele junge Familien nicht den Spielraum, eine Immobilie anzuschaffen. Das liegt unter anderem an den hohen Kosten für Bauland, die hohen technischen Anforderungen an das Gebäude und die ebenfalls hohen Erwerbsnebenkosten. Diese Anforderungen und Gebühren müssen auf ein erwerberfreundliches Niveau gesenkt oder durch Förderungen ausgeglichen werden.

9. Bezahlbaren Wohnraum flexibel gestalten

Der Bedarf an „bezahlbarem Wohnraum“ steigt ständig, die Ursachen dafür sind vielfältiger Natur. Eine genaue Definition, was „bezahlbarer Wohnraum“ ist, fehlt bisher. Derzeit ist bei der Schaffung von Baurecht für Baugebiete mit mehr als 20 Wohnungen oder 49 Reihenhäusern ein Anteil von 25 Prozent gefördertem Wohnungsbau vorgesehen. Das ist auch im Sinne einer gesunden Quartiersentwicklung durchaus angebracht und wird von den BFW-Mitgliedsunternehmen in vielen Baugebieten sogar übererfüllt. Der BFW-Niedersachsen/Bremen plädiert jedoch für eine flexible Quote in Abhängigkeit von Lage und Beschaffenheit des Baugebietes und lehnt eine generelle Erhöhung auf 30 Prozent ab.

10. Mietrecht ausgleichen

In Bremen und Bremerhaven herrscht noch ein gutes Klima zwischen Mietern und Vermietern. Dieses gute Verhältnis darf nicht aufgeweicht oder ausgehebelt werden. Steigende Anforderungen an die technische und energetische Gebäudeausstattung verursachen Mehrkosten, an denen der Mieter in einem ausgewogenen Verhältnis beteiligt werden muss. Hier muss ein Weg gefunden werden, der einerseits die Sanierung und Modernisierung des Bestandes fördert, andererseits den Vermieter nicht gegenüber dem Mieter benachteiligt. Eingriffe in das Mietrecht und Mietpreisbremsen fördern den Wohnungsbau nicht, sondern erweisen sich als Investitionsbremsen.

11. Forderungen auf Bundesebene

Grundsteuer: Der BFW-Niedersachsen/Bremen fordert die neue Landesregierung dazu auf, sich auf Bundesebene für eine sinnvolle und vor allem einfache Berechnung der Grundsteuer einzusetzen. Die derzeit diskutierten Modelle werden dazu beitragen, dass die Verwaltungskosten sowohl für die Behörden als auch für die Eigentümer steigen. Sie bergen auch ein hohes Potenzial für Streitigkeiten, die vor Gericht geklärt werden müssen.

Lineare AfA: Die Lebenszyklen der Gebäude haben sich durch den zunehmenden Umfang der Technischen Gebäudeausstattung (TGA) verändert und in den meisten Fällen verkürzt. Die aktuell bestehende Regelung zur Gebäudeabschreibung von jährlich 2 Prozent ist nicht mehr zeitgemäß und sollte kurzfristig auf 3 Prozent angehoben werden, um Investitionen in den Wohnungsbau wieder wirtschaftlich sinnvoll zu gestalten.

Mietrecht: Wie schon im Landesteil angeführt, dürfen Veränderungen im Mietrecht nicht dazu führen, dass das Einvernehmen zwischen Mietern und Vermietern gestört wird. In den zukünftigen Novellen des Mietrechtes muss auf technische Veränderungen und neue Bestimmungen, wie Datenschutz, Digitalisierung etc., explizit eingegangen werden. Die zukünftige Landesregierung muss sich dafür einsetzen, dass es auch auf Bundesebene ausgewogene Reformen geben wird.

Verbraucherschutz für Eigentümer: Viele Vermieter sind nicht unternehmerisch tätig, sondern haben Immobilien im Rahmen der Altersvorsorge erworben und vermieten diese privat. Auch sie haben Anspruch auf Verbraucherschutz. Der BFW-Niedersachsen/ Bremen fordert die Landesregierung dazu auf, sich für einen angemessen Umgang mit Privatvermietern einzusetzen. Im Rahmen dieser Diskussion sind aber auch die Rechte von Wohnungseigentümern in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) zu beachten. Die Änderungen des WEG-Rechtes aus 2007 sollten auch in Bremen und Bremerhaven evaluiert und ggf. nachjustiert werden. Ein besonderes Augenmerk ist auf die Transparenz in Bezug auf Verbindlichkeiten oder Vermögen einer WEG zu legen. Der BFW-Niedersachsen/Bremen fordert nach wie vor, dass diese Faktoren zwingend in der Jahresabrechnung ausgewiesen werden müssen. Das Land Bremen kann diese Forderung auf Bundesebene unterstützen.

Baunormen: Der BFW-Niedersachsen/Bremen fordert die zukünftige Landesregierung dazu auf, im Rahmen der Bauministerkonferenz auf Bundesebene dafür zu sorgen, dass die Baunormen vereinfacht und aufeinander abgestimmt werden mit dem Ziel, die Planungskosten erheblich zu verringern.

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